Das Munich PLM Symposium, das am 26. Juli 2016 stattfand, soll eine Plattform werden, die die PLM-spezifischen Anforderungen und Lösungen aller beteiligten Partner aus Industrie, Forschung und Lehre zusammenführt. Ziel ist die Schaffung eines unternehmensübergreifenden organisatorischen PLM Hotspots zur Stärkung der Innovationskraft und Technologieführerschaft von Bayern im Bereich PLM. Ferner soll es der Identifikation der Auswirkungen von Industrie 4.0, IoT, Digital Manufacturing und Systems Engineering auf PLM dienen.
Im Anschluss an die fundierten Sachvorträge der Referenten wurden in zwei Workshops die Themen Internet of Things und Systems Engineering und Industrie 4.0 diskutiert.
Ausgehend von der These, dass die Analyse und Nutzung von Daten der Dreh- und Angelpunkt von Industrie 4.0 ist, galt es darzulegen, wie ein Unternehmen im Jahr 2020 aufgestellt sein muss, um von der Digitalisierung der Industrie zu profitieren. Herausgearbeitet wurden die Erfolgsfaktoren und Best Practices in den Bereichen Prozesse, Methoden, Systeme und Organisation.
Hier ein kleiner Ausschnitt der WS-Ergebnisse:
Im Bereich Internationalisierung und Zusammenarbeit mit Lieferanten an verschiedenen Standorten wurde die Bedeutung zentraler Qualitätsmanagementsysteme für den Gesamtprozess, der klaren transparenten Übersicht über Methoden und Prozesse und der entsprechenden Schulung für die Beteiligten herausgestellt. Im Segment Systeme bedarf es eines übergreifenden Kollaborationstools mit bevorzugt zentraler Datenhaltung und dem Datenschutz im Vordergrund, Bsp. Cloud-Lösungen. Organisatorisch ist es enorm wichtig, die Partner zu kennen, also die genaue Festlegung der Daten- und Prozessowner, sowie umfassende Kommunikationsprotokolle.
Im Bereich Produktkomplexität und Varianz kamen die Teilnehmer zu dem Schluss, dass KPIs eine große Rolle in der PDM Systemlandschaft 2020 spielen werden. In den neuen PDM / PLM Systemen sollen bzw. müssen alle Partner aus allen Teilbereichen des Produktlebenszyklus kollaborieren können. Alle Daten aus dem Lebenszyklus müssen kompatibel sein um Durchgängigkeit zu gewährleisten. Nur so lassen sich Wirkzusammenhänge aufzeigen und Daten analysieren. Im digitalen Entwicklungsprozess werden agile, transparente und multidisziplinäre Entwicklungsteams in flachen Hierarchien mit klar definierten Entwicklungszielen zusammenarbeiten. Wichtig ist es ferner, Kunden und Mitarbeiter durch ‚Experiences‘ emotional stärker einzubinden.
Im Bereich Business Partner und Kundenorientierung wurde auf die Bedeutung gemeinsamer Vorgehensmodelle und gemeinsamer Abnahmekriterien hingewiesen. Die Produktstruktur soll klar skalierbar sein und zwischen den Partnern müssen ebenso klare Schnittstellen vorliegen. Für eine schnelle Datenübermittlung sind ein gemeinsames Datenformat bzw. standardisierte Protokolle und Schnittstellen vorteilhaft. Die Öffnung der Systeme wurde als Voraussetzung für die Realisierung der Durchgängigkeit von Daten, Datenfluss und verschiedenen Systemen postuliert.
In Sachen Kundenbeziehung wurde betont, wie wichtig es ist, diese gut zu kennen und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Das bedeutet auch, dass sich alle Beteiligten in der Prozesskette mit den Anforderungen des Kunden vertraut machen müssen.
Im Workshop IoT & Systems Engineering ging es zunächst um die Frage, ob OEMs zukünftig für die Entwicklung von Systemen MBSE-Modelle und Artefakte von Ihren Lieferanten fordern werden. Die WS-Teilnehmer waren sich einig, dass die Anwendung und Anforderung von MBSE seitens der OEMs an die Untersystementwicklung zukünftig eine zentrale Rolle spielen wird. Jedoch dürfte es hier unterschiedliche Darstellungstiefen und Ausprägungen geben. Dabei wird die Weiterentwicklung von MBSE Standards von wesentlicher Bedeutung sein und damit die SysML. Die OEM-seitige Entwicklung von MBSE- und SysML-Templates wird zukünftig zwingend erforderlich sein. Durch ein zentrales MBSE-Modell können auf jeden User Filter gesetzt werden, sodass der jeweilige Akteur das System versteht und seine individuelle Sicht auf das System geliefert bekommt. Äußerst wichtig ist es, neue PLM- Ausbildungsangebote zu schaffen um den künftigen Anforderungen gewachsen zu sein. Der neue Forschungsmasterstudiengang für PLM an der Hochschule München ist hierfür ein Beispiel. Abschließend wurde herausgestellt, dass der Wandel von dokumentbasierter zu modellbasierter Arbeitsweise bei allen Partnern zwingend erforderlich ist.
Im Hinblick auf die Wirkung von System Engineering auf die Beherrschbarkeit von Produktkomplexität und Variantenvielfalt, wurde u.a. festgestellt, dass MBSE die Methoden schafft, die Produktkomplexität auf Basis einer systematischen und methodischen Vorgehensweis zu beschreiben. Ferner wird es mit MBSE möglich sein, die relevanten Informationen hinsichtlich Architektur, Parameter, logische und physikalische Sicht strukturiert darzustellen. So lassen sich die verschiedenen Varianten des Produkts besser handhaben.
Ferner beschäftigten sich die Teilnehmer mit der Frage, ob mit Hilfe von Systems Engineering eine robuste Entwicklung der Software-Themen sichergestellt werden kann und ob die bisherigen Methoden und Vorgehensweisen aus dem System Engineering ausreichen, um die Durchgängigkeit bei der Anforderungsdefinition sicherzustellen. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass das V-Modell lediglich als ‚übergeordnete Vorgehensweise‘ gesehen werden kann und zwingend erweitert werden muss. Eine Erweiterung um einen tieferen Level auf Basis von Design-Structure-Matrix-Methoden ist sinnvoll. Viele Systemanbieter bieten die Möglichkeit DSM im bestehenden PLM-System anzubieten. Es bedarf ferner einer Methode um Wirkungsketten zu verstehen, denn so können z.B. Gleichteilstrategien besser umgesetzt werden. Wobei in weiterer Zukunft die Systeme in der Lage sein müssen, selbständig Wirkketten erkennen zu können. Eine Möglichkeit zur Softwareentwicklung wurde in der automatischen Generierung von Software-Code aus der modellbasierten Beschreibung von Systemen gesehen. Abschließend erfolgte die Feststellung dass die Möglichkeiten in der Software-Entwicklung um ein Vielfaches größer sind als in der Hardware-Entwicklung.